Vor allem aber wähle ich meine Gedanken

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Es gibt Bücher, die liest man
und es gibt Bücher, die lebt man.

Nachdem ich die Auflistung meiner liebsten Buchzitate fertig gestellt hatte, fiel mir auf, dass eines fehlte. Ein besonderes, ein ziemlich langes. Eine Metapher, die ich – seit ich sie gelesen habe – nicht mehr aus dem Kopf bekomme. Als ich gerade den Beitrag von Anna über Missgunst und Neid gelesen habe, ist es mir wieder einmal in den Sinn gekommen. Das Zitat ist aus dem Buch Eat Pray Love [warum genau, gehört dieses Buch eigentlich nicht zu meinen Lieblingsbüchern?] – lest es und lebt es!

“ […] Vor allem aber wähle ich meine Gedanken. Letztere Vorstellung ist völlig neu für mich. Richard aus Texas hat mich kürzlich, als ich mich über meinen unwiderstehlichen Hang zum Grübeln beklagte, drauf aufmerksam gemacht.

„Du musst lernen, Groceries“ meinte er, „dich genauso für deine Gedanken zu entscheiden, wie du dich Tag für Tag für bestimmte Kleidungsstücke entscheidest.“

Das ist eine Macht, die du kultivieren kannst. Wenn du schon unbedingt etwas kontrollieren willst, dann arbeite an deinen Gedanken. Das ist der einzige Bereich, wo du es versuchen solltest. Vergiss alles, bis auf das. Denn wenn du nicht lernst, dein Denken zu beherrschen, steckst du sowieso ewig in der Klemme.“
Auf den ersten Blick scheint das eine fast unmögliche Aufgabe zu sein. Seine Gedanken kontrollieren? Statt andersherum? Es geht hier nicht um Verdrängung oder Verleugnung. Verdrängung und Verleugnung setzen komplizierte Mechanismen in Gang, um den Anschein zu erwecken, die negativen Gedanken und Gefühle seien gar nicht vorhanden. Das, wovon Richard spricht (und was die Yogis immer gesagt haben), heißt dagegen, sich negative Gedanken einzugestehen, zu begreifen, woher sie kommen und warum sie da sind, und sie dann – mit großer Nachsicht und Entschiedenheit – zu verabschieden.

Und so stelle ich mir den Hafen meines Geistes vor:

Ein wenig mitgenommen vielleicht, ein wenig sturmgepeitscht, doch günstig gelegen und ziemlich tief. Der Hafen meines Geistes ist eine offene Bucht, einziger Zugang zur Insel meines Ichs (die eine junge und fruchtbare Vulkaninsel ist). Sie hat zwar schon einige Kriege hinter sich, aber unter der neuen Gouverneurin (mir, die ich neue Strategien zum Schutz der Insel entwickelt habe) hat sie sich dem Frieden verschrieben. Und jetzt – verkündet es über alle sieben Meere! – gelten für die Einfuhr von Büchern sehr viel strengere  Gesetze.

Die Pestkähne, Sklaven- und Kriegsschiffe mit grobem und beleidigendem Gedankengut werden jetzt alle abgewiesen. Ebenso wie alle Gedankenschiffe, beladen mit zornigen und ausgehungerten Exilanten, mit Unzufriedenen und Pamphletisten, Meuterern und brutalen Attentätern, verzweifelten Prostituierten und Zuhältern oder aufrüherischen blinden Passagieren – sie alle sind hier nicht mehr erwünscht. Blutrünstige Gedanken werden aus nage liegenden Gründen nicht mehr aufgenommen. Sogar Missionare werden sorgfältig auf ihre Vertrauenswürdigkeit überprüft. Dies ist ein friedlicher Hafen, Zufahrt zu einer schönen, stolzen Insel, die eben erst begonnen hat, Gelassenheit zu kultivieren.

Falls ihr euch an die neuen Gesetze halten wollt, liebe Gedanken, so seid ihr mir willkommen – wenn nicht, schicke ich euch aufs offene Meer zurück. Dies ist meine Mission, und sie wird niemals enden.“

[Elizabeth Gilbert – Eat, Pray, Love]

8 Kommentare

  1. 19. Juli 2016 / 8:28

    Ich bin gerade über Annas Blog zu dir gestoßen und total begeistert von diesem Beitrag. Generell hast du ein Blog der mich auf Anhieb anspricht. In zwei Tagen fahre ich in den Urlaub und dann habe ich Abends wieder Zeit zum lesen und stöbern. Dein Blog kommt auf jeden Fall auf meine Urlaubsleseliste. 🙂

    Bezüglich Gedanken: Ich arbeitete auch daran, meine Gedanken zu leiten, obwohl sie auch immer frei bleiben sollen, aber es ist wahr, wenn man sie auf das positive lenkt und das immer und immer wieder, werden die negativen besiegt oder haben zumindest nicht mehr so eine große Macht.

    Viele Grüße
    Rebecca

    • Anna
      Autor
      19. Juli 2016 / 8:51

      Wow, Danke Rebecca für die lieben Worte!
      Genau, Gedanken lenken finde ich eine sehr treffende Beschreibung – „negative“ Gedanken kommen einfach (wie schwarze Schiffe auf hoher See), aber wir entscheiden eben, ob wir sie in „unseren Hafen“ leiten. 🙂

      Ich wünsch dir einen tollen Urlaub
      Anna

  2. 19. Juli 2016 / 21:08

    Oh mein Gott, wie wunderschön und mit wie viel Liebe gemacht ist bitte dein Blog?! Und noch dazu LIEBE ich Eat Pray Love so sehr. Ich weiß noch, dass ich es in Paris auf dem Place de Vosges gelesen habe und dabei meinen ersten Macaron ever gegessen habe. Definitiv die beste Lektüre für diesen Moment.
    Ich drück dich!
    Alissa
    http://www.alissaloves.de

    • Anna
      Autor
      19. Juli 2016 / 22:23

      Oh Alissa,
      bei so einem Kommentar hüpft mein Herz doch gleich ein bisschen höher. Danke für deine Lieben Worte 🙂

  3. 20. Juli 2016 / 12:51

    Liebe Anna, eine so tolle Metapher, die du uns hier vorstellst. Danke für die Inspiration und den Denkanstoß ( meine Gedanken über diesen Post und diese Metapher lasse ich in meinen Hafen :-D)
    Viel zu oft lassen wir uns von unseren Gedanken kontrollieren, dabei sollte es umgekehrt sein, denn unsere Gedanken sind ausschlaggebend für unser innerliches und äußerliches Wohlbefinden, wieso lassen wir dann so oft negative zu?

    Ich hab mich gerade dazu entschieden diesen Sommer „Eat, pray, love“ zu lesen, das scheint ja wirklich toll zu sein 🙂

    Einen schönen Tag wünsche ich dir noch <3
    Alina
    http://www.xxiv-diaries.de

  4. 22. Juli 2016 / 9:04

    Richtig richtig toller Beitrag mit einer super Message! Ich muss das auch lernen, meine Gedanken zu kontrollieren…das ist echt wichtig. Ich habe davor nur den Film „Eat.Pray.Love“ gesehen-mal schauen, vielleicht bekommt mein Bücherregal Zuwachs 🙂 Ich finde sowieso, dass meistens die Bücher besser, als die Filme sind.
    Liebe Grüße,
    Tina von http://www.freckledrebell.de

  5. 31. Juli 2016 / 20:49

    Hallo liebe Anna,
    jetzt schau ich mal bei dir vorbei 🙂

    Tja, die Macht der Gedanken. Ich denke das Zitat ist einfach super, denn jeder von uns weiß, wie negative Gedanken einen runterziehen. Meistens sind es Gedanken mit Sorgen und Ängsten, was die Zukunft betreffen oder die Vergangenheit. Letzteres können wir nicht mehr verändern, die Zukunft auch nur bedingt.

    Wir sollten viel mehr versuchen das Hier und Jetzt zu genießen und vor allem die Gedanken auszusortieren. Ängste und Sorgen, die gerade unberechtigt sind, aussortieren. Gedanken an Dinge, die wir nicht ändern können, verabschieden.

    Ich denke nur so ist ein befreiteres Leben möglich.

    Wenn in mir diese miesen Gedanken hochkommen, versuche ich ihn zwar wahrzunehmen, das Gefühl kurz zu spüren und mich dann dem Moment und meiner Umgebung zuzuwenden und das wertzuschätzen. Zu jeder Sekunde sind so tolle Dinge um uns, dass der Gedanke an doofe Sachen doch eigentlich Zeitverschwendung ist.

    Liebe Grüße,
    Monya

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