Wenn ich eine Sache in Indien lerne wie nie zuvor: Keine-Erwartungen sind manchmal die besten Erwartungen, die man haben kann.
Auf dem Weg in die Wüste Thar wird uns wieder einmal bewusst, wie viel Vertrauen man in die Menschen haben muss, die man während der Reise trifft. Wir sitzen mit unserem Fahrer im Auto und fahren ins Nirgendwo. Wir wissen nicht wie der Ort heißt, zu dem wir fahren. Und wir fragen auch nicht. Wahrscheinlich hat das Dorf nicht mal einen Namen. Und im Zweifel würde uns der Ortsname eh nicht viel bringen, ohne Handy können wir niemanden anrufen – wobei sowieso fraglich wäre, ob die indischen Polizisten mit ihren Trillerpfeifen dann etwas ausrichten könnten.
Wir kommen im Wüstendorf an und sind fasziniert. Es ist wieder einer dieser Momente, in denen ich mir in Erinnerung rufen muss, dass das Realität ist. Wir sehen eine Gruppe von Frauen, die Wasser aus einem Brunnen schöpfen und diese dann mit Krügen zurück in ihr Dorf tragen. Wir sehen Hütten, die gebaut werden und Kamele, die das Material dafür transportieren. Dieses verrückte, schöne Indien!
In einer Gruppe von zehn Leuten machen wir uns auf Kamelen in die Wüste. Jedes Kamel wird von einem ‚Kamel-Führer‘ geleitet.
Meine Sicherheit liegt in den Händen eines 11jährigen, Badelatschen-tragenden Jungen.
Herrlich. Aber mein Kamel ‚Bablu‘ ist zum Glück von der entspannten Sorte und nach den ersten 20 Minuten bin ich auch überzeugt, dass mein kleiner Kamelführer weiß was er tut.
[…] Nach unserem Ritt durch die Wüste geht es zurück ins Wüstendorf, wo Thali und traditionelle indische Musik und Tänze auf uns warten. Mit Einbruch der Dunkelheit wird die Frage gestellt, wer die Nacht in der Wüste verbringen möchte – das lassen A. und ich uns nicht 2x fragen. Wir packen das Nötigste (Taschenlampe, MP3-Player, Taschentücher, Mückenspray) ein und werden mit einem Jeep zurück in die Wüste gefahren. Auf einer Düne werden unsere Feldbetten aufgeschlagen und das Abenteuer beginnt. Da liegen wir also. Abgesehen von dem Schweizer Pärchen und dem Guide, die jeweils etwa 500 Meter entfernt von uns ihre Betten aufgestellt haben, ist weit und breit keine Menschenseele.
[…] Der Blick in den Himmel ist unbeschreiblich. Ich habe in meinem Leben schon viele schöne Sternenhimmel gesehen, aber dieser ist einfach atemberaubend. Es ist stockfinster, nur die Sterne geben Licht. Das erste Mal in meinem Leben sieht die Milchstraße milchig aus und besteht nicht nur aus ‚ein paar mehr Sternen‘. Wir haben noch einige Wochen unserer Reise vor uns und doch steht eines meiner größten Highlights bereits fest. Wer immer die Chance hat, eine Nacht in der Wüste verbringen zu können, sollte sie nutzen!